Meditation zum 13. Sonntag im Jahreskreis
Unendlich reich
Foto: Helene Souza / pixelio.de
Wer kann sich schon seine Familie aussuchen? Ich hatte Glück – ich wurde in eine „gute Familie“ hineingeboren. Auch wenn die Anfänge für eine Aussiedlerfamilie in den 1970er Jahren in Deutschland nicht einfach waren – es fehlte an nichts: vor allem nicht an Liebe. Vielleicht gab es sogar zu viel davon, so dass sie mich bis heute fast erdrückt. Doch an der Liebe zu meiner Familie habe ich nie gezweifelt. Komischerweise hatte auch ich immer jede Menge Liebe zu verteilen.
Immer wieder sind Menschen in mein Leben getreten, denen ich meine Liebe schenken durfte und die auch mir ihre Liebe geschenkt haben oder bis heute schenken. Der „Aufbruch mit Gott“, den ich schon früh in meinem Leben gewagt habe, und die Liebe, die ich mit ihm teile: beides hat mich bis heute unendlich reich gemacht. Ich habe vielleicht nicht alles, was viele andere Menschen in ihrem Leben haben. Manchmal wünschte ich mir, dass das anders wäre. Aber am Ende allen Denkens und Haderns wird mir immer wieder klar, was ich dann alles jetzt nicht hätte: die Liebe von vielen besonderen und kostbaren Menschen, denen ich auf anderen Wegen so niemals begegnet wäre!
Jesus hat Apostel gewählt und ihnen Anweisungen für die Mission gegeben. Jetzt geht es um den Lohn: ein Leben aufgeben und ein Leben gewinnen. Ich kann nicht zwei Leben haben. Binde ich mich zu eng an meine Herkunft, komme ich nie los, bin ich nie frei für die Menschen und für Gott. Es geht um eine klare Entscheidung für einen Weg. Das macht Jesus hier besonders deutlich.
Es ist schon klar: Loslassen kostet etwas, aber es wird reich belohnt. Der Lohn, der „Gewinn“ geht über die Apostel selbst hinaus. Jesus selbst ist erfahrbar in den Begegnungen mit Menschen – sowohl für diejenigen, die sich für Gottes Botschaft einsetzen, als auch für diejenigen, die offen sind für die Botschaft von Gottes Reich.
Das darf ich selbst immer wieder erfahren. Solche Begegnungen geben mir Zufriedenheit, sie erfüllen auch andere. Das ist der Lohn. Nein, es ist Geschenk. Es macht mich reich. Ich darf es weitergeben, damit andere reich werden, ihren Weg finden, zur Ruhe kommen, getröstet werden, neue Impulse bekommen. So kann ich mit ihnen Heimat finden – und vieles mehr.
Markus Krastl, Pfarrer in der Pfarrei Heilige Dreifaltigkeit, Bistum Trier