Meditation zum 16. Sonntag im Jahreskreis
Grundhaltungen
Andreas Hermsdorf / pixelio.de
Meditative Gedanken:
Wenn ich an der Kasse stehe, tue ich es; bei der Arbeit oder in der Freizeit auch. Wann es damit begonnen hat, weiß ich nicht mehr. Ich bewerte Menschen. Ich denke mir: „Was trägt denn der für ein Outfit?“, „Wie redet denn die?“ und „Der ist aber unfreundlich!“. Ich bewerte in richtig und falsch, in gut und böse.
Habe ich das schon als Kind getan? Im Kindergarten vielleicht, in der Schule spätestens. Die mag ich nicht. Die ist blöd. Ich habe das falsch gemacht. Ich bin schlecht. Der lässt mich nicht mitspielen. Der ist böse. An solche Sätze erinnere ich mich.
Wer einmal versucht hat, nicht zu bewerten, weiß, wie schwer es ist. Von Kindesbeinen an werden wir dazu erzogen – aus gutem Grund. Es hilft uns, zu überleben. Ist die Nahrung genießbar, die Situation gefährlich oder mein Verhalten für die Gesellschaft hilfreich?
Wie wir Nahrung, Situationen oder Verhalten einschätzen, so beurteilen wir auch Menschen. Es folgt die Verurteilung. „Ich rede mit ihm nicht mehr!“, „Von ihr distanziere ich mich!“ und „Der bekommt von mir keine Hilfe!“.
Das heutige Evangelium hält vier Aspekte dagegen. Sei „geduldig“, du weißt nicht warum jemand so ist wie er ist. Gehe vom „Guten“ aus, du weißt nicht, ob aus dem scheinbar Schlechten etwas Gutes wird. Achte das „Geringe“, denn aus noch so Kleinem, kann Großes entstehen. „Gerechte“ Urteile kann letzlich kein Mensch fällen.
Entschuldigt das alle Passivität? Soll ich dem Unkraut keinen Einhalt gebieten? Das glaub ich nicht. Wenn das Reich Gottes schon unter uns ist, dann ist es auch an uns, daran mitzubauen. Für mich ist es aber in diesem Fall weniger ein Tun, als vielmehr eine Haltung. Ein Abwägen, ein Unterscheiden, um letztlich offen zu sein und zu spüren, was Gottes Willen sein könnte. Es geht nicht darum, was für mich richtig oder falsch ist, gut oder böse, sondern was dem Aufbau des Reiches Gottes dient. Dazu braucht es „Geduld“, Achtsamkeit für das „Geringe“, Vertrauen in das „Gute“ und Hoffen auf Gottes „Gerechtigkeit“.
Winfried Brandmaier, Gemeindereferent im Bischöflichen Jugendamt Regensburg, Fachstelle für Ministrantenpastoral