Meditation zum 11. Sonntag im Jahreskreis
Brot für die Seele
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Meditative Gedanken:
Das Evangelium von den Menschen, die wie Schafe ohne Hirten sind, und der Sorge von der großen Ernte bei nur wenigen Arbeitern wird in kirchlichen Kontexten gerne mit Blick auf geistliche Berufungen und Seelsorge verstanden. Zu Recht! Denn in der Rede Jesu geht es wirklich um Seelsorge – ein Wort, das Patina angesetzt hat und nach Weihrauch und Versehgang riecht. Aber so soll Seelsorge nicht sein. Sie ist keine Technik, eine fromme schon gar nicht, sondern zuerst eine Haltung, die bereits zu Beginn der Rede Jesu deutlich bestimmt wird durch: „sie waren müde und erschöpft“.
Für Seelsorgerinnen und Seelsorger muss das Augenmerk für Erschöpfte und Ermattete kennzeichnend sein, die Sorge für die an Leib und Seele Geschundenen, für die Mühseligen und Beladenen: Sie sollen kommen und aufgerichtet werden. Wer den „Geruch der Schafe“ (Papst Franziskus) nicht kennt, wer also nicht nahe bei den Menschen ist, kann kaum etwas von Seelsorge verstehen. Was Seelsorgerinnen und Seelsorgern – mit und ohne Amt – Not tut, ist eine Schule des Sehens und des Mitfühlens. Gott selbst bleibt ja nicht in jenseitiger Höhe und Erhabenheit, sondern er ist bei der Zerschlagenen und Bedrückten, um ihren Geist wieder aufleben zu lassen (vgl. Jesaja 57,15). In diese Tradition stellt Jesus die Apostel, die ersten von ihm berufenen Seelsorger; sie erhielten den Auftrag und die Befähigung, Leiden zu heilen. Das Himmelreich – so hören wir – bricht an, wenn Kranke geheilt, Tote auferweckt, Aussätzige rein und das Teuflische aus den Gedanken, Worten und Werken des Menschen ausgetrieben wird.
Darum geht es: Menschen Brot reichen für Leib und Seele und sie nicht mit Fastfood und Süßigkeiten abzuspeisen, nicht mit noch so wohlklingenden Phrasen und Formeln. Es sind viele Menschen auch in unserer Zeit, die diese Nahrung wünschen. Auch alle in der Seelsorge benötigen dieses heilende und tröstende, dieses aufrichtende und belebende Wort: Brot für die Seele.
Dr. Werner Höbsch