2020 05 10 Foto

Meditation zum 5. Sonntag der Osterzeit

Gott ganz nah

Foto: Ange­li­ka Kamlage

God is wat­ching you from a distance!”, heißt es in einer Pop­bal­la­de von Bet­te Midd­ler. Das Lied stellt einen Gott vor, der uns aus der Fer­ne beob­ach­tet. Er ist da oben, wir sind da unten. Er ist ganz groß, wir sind ganz klein. Er lebt in einer ande­ren Welt und wir wol­len irgend­wann auch dort hin­kom­men. Wirk­lich? Der Refrain des Lie­des hat mich trotz der ein­gän­gi­gen, wenn auch etwas trau­rig anmu­ten­den Melo­die immer gestört. Was soll ich mit die­sem fer­nen Gott? Inter­es­sie­ren ihn die Din­ge, die mich beschäf­ti­gen?

Jesus ver­mit­telt bei Johan­nes in sei­ner Abschieds­re­de ein ande­res Bild Wer mich sieht, sieht den Vater.” Gott kann den Men­schen doch kaum näher kom­men als in sei­nem Sohn, der sein Schick­sal mit uns teilt. Er weiß von unse­ren klei­nen und gro­ßen Sor­gen und Freu­den. Da ist kei­ne Distanz.

Wenn Jesus sagt, dass durch alle, die an ihn glau­ben, Gott erfahr­bar wird, dann rückt Gott im Johan­nes­evan­ge­li­um noch näher,. Also kann ich Gott auch in mir ent­de­cken. Wenn ich anfan­ge, in mir nach ihm zu suchen, ist Jesu Rat­schlag hilf­reich: Ich bin der Weg, die Wahr­heit und das Leben.” Der Blick auf sein Leben und Han­deln ist der Kom­pass für mei­ne Got­tes­su­che.

Jesus spricht den Jün­gern Trost zu, bevor er die greif­ba­re Wirk­lich­keit ver­lässt. Kein Grund, sich ver­wir­ren zu las­sen, meint er. Damit trös­tet er auch mich, wenn ich mal wie­der nicht weiß, wor­an ich mich fest­hal­ten soll. Die Woh­nun­gen, die er den Jün­gern und allen, die an ihn glau­ben, berei­ten will, kann ich mir nicht in irgend­ei­ner Anders­welt vor­stel­len. Eine Woh­nung neh­me ich mir da, wo ich mich zu Hau­se füh­le, wo ich Hei­mat habe, wo ich denen nahe bin, die ich lie­be. Wenn ich mei­nen Glau­ben zu einer greif­ba­ren Wirk­lich­keit mache, dann muss ich nur noch die Türe auf­ma­chen und bin ange­kom­men. Und dann sin­ge ich kei­ne trau­ri­ge Bal­la­de von der Distanz zu Gott, son­dern ein fröh­li­ches Lied von sei­ner Nähe!

Bur­kard Vogt
Bil­dungs­re­fe­rent und Öffent­lich­keits­ar­bei­ter in der Diö­ze­se Würzburg