Meditation zum Pfingstsonntag
Neuer Anfang
Foto: Dieter Schütz / pixelio.de
Meditative Gedanken:
Das kommt vor: Ich kann etwas nicht wieder gut machen, ich habe es verbockt. Gern würde ich die Uhr zurückdrehen. Keine Chance. Ich ziehe mich zurück, igel mich ein. Hätte ich doch nur …
So werden sich die Jünger gefühlt haben. Eine Woche nach Jesu Tod haben sie sich hinter verschlossenen Türen versammelt. Zuletzt haben sie Jesus bei seiner Festnahme im Garten Getsemani gesehen und ihn schmählich im Stich gelassen. Hinter verschlossenen Türen denken sie an ihn, wie man an einen Toten denkt.
Aber dann platzt er in die Dunkelheit ihrer abendlichen Versammlung, mitten hinein in ihre Angst und Mutlosigkeit. Doch keine Abrechnung, kein Vorwurf. Nur: „Friede sei mit euch.“ Das orientalische „Guten Tag” ist zugleich Balsam für ihre aufgescheuchten Seelen, für ihre Trauer, für das schreckliche Gefühl, in einem entscheidenden Augenblick versagt zu haben. Sie brauchen eine Weile, bis sie ihn erkennen. Mit den Wundmalen seines Kreuzestodes weist er sich aus. Und endlich können sie sich freuen. Ein zweites Mal spricht Jesus ihnen Frieden zu und gibt ihnen einen Auftrag: „Macht weiter, was Gott mit mir angefangen hat. Ich sende euch.“ Und er haucht sie an: „Empfangt den heiligen Geist.“ Das intime Anhauchen erinnert an den biblischen Bericht von der Erschaffung des Menschen. Wie Gottes Atem den Adam belebt, so haucht Jesus den vor Angst gelähmten Jüngern seinen Geist ein. Er macht sie wieder lebendig, macht ihnen Beine, schickt sie in die Welt hinaus. Er sendet sie mit der Energie seines Atems, der Gottes Heiliger Geist ist. Dieser Geist macht lebendig, das haben sie gerade selbst erfahren. Ihre Traurigkeit hat sich in Freude gewandelt. Jesus lebt. Der Tod ist nicht das Ende. Seine Sendung wird weitergehen – durch sie. Ihr Versagen bei der Verhaftung Jesu ist vergeben. Das, was sie selbst erfahren haben, dürfen und sollen sie weitergeben.
Die Uhr lässt sich nicht zurückdrehen. Aber dank Gottes lebendig machendem Geist ist auch in dunklen Stunden ein neuer Anfang möglich. Und er beginnt mit dem Gruß: „Friede sei mit euch.“
Christoph Speicher, Referat Pastoralberatung, Bistum Münster